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Interview mit Dr. Eduard Neufeld, Institutsleiter & Geschäftsführer der Fogra
"Leuchtturm im technologischen Wandel zu sein ist unser Anspruch."
Herr Dr. Neufeld, Sie kamen 2006 zur Fogra. Können Sie sich noch an die Anfänge erinnern?
Dr. Eduard Neufeld: Natürlich, so als wäre es gestern. Ich hatte damals sechs Wochen Überlapp mit meinem Vorgänger und musste rasch alles Notwendige von ihm übernehmen. Allerdings war mir auch klar, dass ich neue Akzente setzen wollte. In meiner Antrittsrede vor der Mitgliederversammlung sagte ich damals, dass wir nur dauerhaft stark sein würden, wenn wir uns dem steten Wandel aktiv stellen und zugleich unsere Neutralität, Integrität und wissenschaftliche Seriosität als unverückbare Eckpfeiler erhalten würden.
Was hatten Sie sich damals vorgenommen?
Gleich zu Beginn hatte ich mir persönlich drei langfristige Ziele gesetzt, für die ich alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gewinnen wollte. Erstens wollte ich die Fogra, die bis dahin ein weitgehend deutsches Institut war, international öffnen. Zweitens war es in einer sich stark konsolidierenden Industrie elementar wichtig, dass wir unsere Forschungsthemen und das Prüfangebot angemessen diversifizieren. Und drittens kündigte ich damals gegenüber dem ehrenamtlichen Vorstand die Absicht an, den noch über 10 Jahre laufenden Mietvertrag nicht mehr verlängern zu wollen.
Und haben Sie Ihre Ziele erreicht?
So ganz ist man natürlich nie am Ziel, aber die bisherigen Ergebnisse des Fogra-Teams machen mich durchaus stolz. Wir zählen heute rund 900 Mitglieder in 55 verschiedenen Ländern und in der Belegschaft werden fast 10 verschiedene Muttersprachen gesprochen. Unsere Aktivitäten im Bereich der Sicherheitsanwendungen haben wir intensiv ausgebaut und den Mietvertrag mussten wir nur um sechs Monate verlängern.
Der Institutsneubau stellt einen riesen Schritt nach vorne dar, oder?
Ohne Frage. Endlich haben wir neue, funktionale, moderne Laboreinrichtungen, die uns für alle heutigen und zukünftigen Aufgaben wappnen. Ich kann nicht verhehlen, dass ein solches Projekt ausgesprochen herausfordernd war. So meldete beispielsweise drei Monate vor unserem Einzugstermin der Trockenbauer Insolvenz an, und nur sechs Wochen vor dem Umzug stellten wir eine fehlerhafte Ausführung des Estrichs im Drucksaal fest, der dann kurzerhand raus musste. Trotz all dieser Abenteuer konnten wir den Institutsneubau im Rahmen des ursprünglichen Planbudgets und mit nur geringer Verzögerung fertigstellen. Da fiel mir schon ein Stein vom Herzen.
Dr. Eduard Neufeld (Institutsleiter der Fogra) zusammen mit Stefan Aumüller (Vorsitzender des ehrenamtlichen Vorstands der Fogra) vor dem Fogra-Institut in München-Aschheim.
Sie sind der 4. Institutsleiter seit Bestehen der Fogra, gegründet 1951. Wird Beständigkeit und Verlässlichkeit auch in anderen Bereichen der Fogra gelebt?
Absolut. Wir geben uns Mühe, ein Fels in der Brandung der Druck- und Medienindustrie zu sein, nach außen wie nach innen. Viele Mitglieder und Kunden arbeiten schon seit Jahrzehnten mit uns zusammen, teilweise seit unseren Anfangsjahren. Natürlich funktioniert so etwas nur, weil sich unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit der Fogra identifizieren. Wissen Sie, als ich 2006 im Alter von 36 Jahren zur Fogra stieß, stellte ich bei einem Personalgespräch fest, dass ein Kollege bereits länger – und immer noch mit Begeisterung – für die Fogra arbeitete, als ich auf der Welt war. Das hat mir Respekt eingeflößt, diese Identifikation mit dem Institut wollte ich erhalten.
Was zeichnet die Fogra heute für Sie aus?
Ein leidenschaftliches und kompetentes Team in hochmodernen Laboren, das unsere Mitglieder in den Mittelpunkt stellt. Abgesehen davon lieben wir Diversität, weil wir voneinander lernen wollen: Erfahrene und junge, weibliche (bitte noch mehr!) und männliche Kollegen mit individuellen Lebensentwürfen.
Die Branche ist wie kaum eine andere vom technologischen Wandel geprägt. Wie geht die Fogra bei all der Dynamik im Markt vor und wie kann sie ihren Mitgliedern und Kunden Unterstützung sein?
Durch den engen Dialog mit unseren Mitgliedern, zum Beispiel in den Technischen Beiräten, wissen wir, wo der Schuh drückt, und gehen sehr frühzeitig neue Themen an. Unternehmen, die selbst mit zur Speerspitze gehören wollen, sind herzlich eingeladen, uns bereits bei den Forschungsprojekten zu begleiten. In jedem Fall kommen anschließend alle Mitglieder in den Genuss der Ergebnisse. In unserem eigenen Leitbild wollen wir nämlich nicht nur ein Fels in der Brandung sein, wie ich es oben formulierte, sondern vor allem auch ein Leuchtturm im technologischen Wandel!
Welche weiteren Entwicklungen halten Sie in den nächsten Jahren für relevant?
Einige Entwicklungen betreffen ausnahmslos alle Unternehmen, wie zum Beispiel die fortschreitende Digitalisierung der Prozesse, teilweise unter Einbeziehung von Methoden der künstlichen Intelligenz. Jedem, der sich bei solchen Themen noch nicht heimisch fühlt, kann ich nur dringend empfehlen, mit uns in Kontakt zu treten und unsere Erfahrungen abzugreifen. Ansonsten gibt es natürlich viele Trends in Einzelgebieten, für die hier der Platz nicht ausreichen würde. Da verweise ich gerne auf unsere Fachsymposien, bei denen technologische Entwicklungen immer einen Schwerpunkt darstellen.
Haben Sie hierfür ein Beispiel?
Klar, denken Sie etwa an die Medienkeile für den MultiColor- oder den 3D-Druck, die die Fogra in den Jahren 2018 bzw. 2019 herausgebracht hat. Sie basieren auf intensiver Forschungsarbeit und sollen alle Unternehmen in diesen Segmenten in die Lage versetzen, rechtssichere – weil auf Farbeinhaltung überprüfbare – Verträge mit ihren Auftraggebern schließen zu können.
Sie sprachen oben an, dass die Mitglieder der Fogra aus 50 verschiedenen Ländern, ihre Kunden aus aller Welt kommen. Wie schafft man es, in Kontakt zu bleiben und vor allem der Aufgabe gerecht zu werden, Wissenstransfer für jeden zu gewährleisten – egal, wie weit weg er ist und welche Sprache er spricht?
Wir arbeiten international mit verschiedenen, vertrauenswürdigen Partnern zusammen, die den lokalen Direktkontakt sicherstellen und die jeweilige Sprache perfekt beherrschen. Und natürlich setzen wir darüber hinaus intensiv auf alle Möglichkeiten der Digitalisierung, beispielsweise im Bereich der Fogra Web Academy.
Welches Ziel hat sich die Fogra für die nächsten Jahre gesetzt?
Jedes Mitglied soll spüren, dass es bei uns mehr denn je im Mittelpunkt steht! Dazu wollen wir unseren Kontakt zu Kunden und Mitgliedern intensivieren, sei es durch persönliche Besuche und Telefonate oder gezielte digitale Information im Internet und den sozialen Medien. Und auf technologischer Seite wollen wir weiterhin zukunftsgerichtete Lösungen für die Praxis entwickeln, damit wir als verlässlicher Partner, ja vielleicht sogar als Leuchtturm für technologische Entwicklungen wahrgenommen werden.
Persönliche Frage: Dreht sich bei Ihnen immer nur alles um die Fogra, oder existiert auch ein Leben außerhalb des Instituts?
Haha, ja, natürlich genieße ich auch meine Freizeit. Wenn ich mich, im Idealfall mit der Familie, in den Bergen bewege, oder E-Gitarre in meiner Jazz/Rock-Band spiele, bin ich bereits restlos glücklich.
Herr Dr. Neufeld, vielen Dank für das Interview.